Carinthiacus 2022 Nominee: Michael Jungmeier
FH Professor Dr. Michael Jungmeier ist Ökologe und Humangeograph. Bereits 1992 hat er das Institut für Angewandte Ökologie und 1997 die E.C.O. (Institut für Ökologie GmbH mit Sitz in Klagenfurt) gegründet. Damit ist er Pionier und Wegbereiter einer neuen Branche – der Ingenieurbüros für Ökologie und Umweltplanung. In seiner Zeit als Geschäftsführer hat Michael Jungmeier das Unternehmen E.C.O. mit Sitz im Lakeside Science & Technology Park zu einem international tätigen Unternehmen entwickelt. Durch seine treibende Kraft wurden mehr als 650 Projekte in 45 Ländern erfolgreich abgewickelt. Seit Frühjahr 2022 ist er Lehrstuhlinhaber des UNESCO Chair for Sustainable Management of Conversation Areas an der Fachhochschule Kärnten. Herr Jungmeier ist ein Mensch, der in und für Kärnten vieles in Bewegung setzt.
FH-Prof. Mag. Dr. Michael Jungmeier
UNESCO Chair on Sustainable Management of Conversation Areas
Stiftungsprofessur für Naturschutz und Nachhaltigkeit (EngIT)
Kategorie: National
Herr Jungmeier, Sie sind in Innsbruck geboren, in Radenthein und Millstatt aufgewachsen. Ihr Vater war Vorsitzender des Alpenvereins in Kärnten und Sie selbst haben, so heißt es, bereits mit 15 Jahren Unterschriften für den Erhalt des Biosphärenpark Nockberg gesammelt. Würden Sie also sagen, dass vieles von Ihrem erfolgreichen Engagement aus diesen früheren Erfahrungen resultiert?
Jungmeier: Natürlich lenkt das, was man als Kind und Jugendlicher mit auf den Weg bekommt, auch den Lebensweg mit. Bei der Unterschriftenaktion ging es um den Erhalt der Nockberge, in welchen Skigebiete geplant waren und aus dem dann der Nationalpark Nockberge und später der Biosphärenpark Nockberge geworden ist. Ich habe das Gebiet viele Jahre begleiten dürfen und dort bin ich auch aufgewachsen. In Kärnten waren wir mit dem Nationalpark Hohe Tauern und natürlich mit dem jetzigen Biosphärenpark Nockberge ganz vorne mit dabei.
Wie kam es schlussendlich zur Errichtung eines UNESCO-Lehrstuhls an der Fachhochschule Kärnten?
Die UNESCO ist die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation, 1945 gegründet mit der großen Vision “Peace in the minds of men and women” zu vermitteln. Vor 30 Jahren wurde ein Lehrstuhl- Programm initiiert, an dem bestimmte Bildungseinrichtungen zur Lösung der großen Menschheitsthemen etwas beitragen können. Zur Zeit gibt es 850 Lehrstühle weltweit in ganz unterschiedlichen Bereichen. Diese UNESCO-Lehrstühle sind ein weltweites Netzwerk von einschlägig qualifizierten Institutionen, die zu den großen Zielen der UNESCO etwas beitragen können. 2018 hat die Fachhochschule Kärnten diesen Lehrstuhl beantragt und 2020 wurde dieser akkreditiert. Das ist für uns in Kärnten eine ganz außerordentliche Auszeichnung.
Unter anderem haben Sie auch den Masterstudienlehrgang „Management of Conservation Areas“ ins Leben gerufen, mit dem Ziel, ein Ausbildungsprogramm zu schaffen, um Inhalte für die „Generation Greta“ zu entwickeln. Gelingt es Ihnen hier, neue, praxisbezogene Lösungen anzubieten und sie an die heutige Gesellschaft anzupassen? Wie macht man Naturschutz von Kärnten heraus für die Welt zukunftsfähig?
Wenn wir davon ausgehen, dass in Zukunft 20 % der Erdoberfläche, die für den Schutz der Biodiversität, den Ökosystemen und der natürlichen Entwicklung reserviert werden, dann ergeben sich daraus viele praktische Fragen: Zum Beispiel, wie ein funktionierendes Gesetz und die dazugehörige Institution aussehen kann, die sich damit beschäftigt. Weitere Fragen sind, wie wir das finanzieren werden und wie können Besucher- und Ausbildungsangebote entsprechend aufgebaut werden, damit diese Themen in das Bewusstsein der Bevölkerung dringen können? Wir haben aus der ganzen Welt Lehrende, Vortragende und Partner, die ihr internationales Know-how hier in Kärnten in diesem Lehrgang verdichten. Ich gehe davon aus, dass der Naturschutz im 21. Jahrhundert und der Schutz der Biodiversität ein Schlüsselthema sein wird, das unter anderem darüber entscheidet, wie lebenswert unser aller Leben auf diesem Planeten noch ist. Es wird keine Frage sein, ob wir Biodiversitätsschutz brauchen, sondern wie wir diesen umsetzen. Das bieten wir hier in unserem Ausbildungsprogramm aus.
Herr Jungmeier, Sie scheinen voller Tatendrang, Innovationsgeist und Kreativität zu sein. Wie gelingt es Ihnen, alle Ihre Herausforderungen erfolgreich zu meistern und auch so vieles von Ihrer Erfahrung an andere weiterzugeben?
Zum einen hatte und habe ich immer wieder das Glück, mit wirklich engagierten und fachlich interessanten Teams in unterschiedlichen Bereichen zu arbeiten. Diese großen Fragen unserer Zeit kann man nicht alleine lösen, es ist immer eine Teamleistung. Zum anderen hat sich natürlich in den 30 Jahren viel Erfahrung angesammelt.
Ich habe versucht, dieses gewonnene Wissen in Ausbildungsangeboten zu systematisieren. Das sind eben der Lehrgang “Master Management of Conversation Areas”, die Ausbildung zur Naturschutzfachkraft und die neue Ausbildung zum eTaxonomist. Diese Ausbildung wird es den Studierenden erlauben, sich Artenkenntnis rasch anzueignen oder aufzufrischen. Gutes Artenwissen ist eine Grundvoraussetzung, um der Biodiversitätskrise entgegenzutreten. Wir haben hier mit der Fachhochschule Kärnten einen sehr guten Platz gefunden, um das auch alles umsetzen zu können.
Abschließend möchten wir Sie noch fragen, wo Ihr persönlicher Kärntner Kraftplatz in der Natur ist?
Das ist eine Frage, die ich nicht so leicht beantworten kann, da es sehr viele wichtige Plätze für mich in Kärnten gibt. Ich denke hier an den Gipfel des Hochobirs, mit seinen wunderbaren Aussichten, der Geologie und auch mit seinen Pflanzen und Tieren, die ausschließlich dort oben vorkommen. Aber auch die Gladiolenwiese in der Schütt im Naturpark Dobratsch, mit der wunderbaren Illyrischen Gladiole, die dort einmal im Jahr erblüht oder an den Stappitzer See im Oberkärntner Seebachtal bei Mallnitz. Es gibt einfach so viele schöne und einzigartige Plätze in Kärnten und die Liste könnte ich unendlich erweitern.
Sehr geehrter Herr Jungmeier, wir bedanken uns für das Gespräch.